Jedem von uns ist irgendwann schon etwas passiert, das schmerzlich war. Vielleicht finden wir das Erlebnis jetzt gar nicht mehr so schlimm, trotzdem beschäftigt es uns noch immer. Oder aber es war so massiv, dass wir gar nicht daran denken möchten oder es überhaupt ganz vergessen haben. Es kann auch sein, dass wir unter unerklärlichen psychischen oder körperlichen Zuständen leiden, und wir fragen uns, ob dahinter vielleicht ein früheres Trauma steht.
Ein Trauma ist ein Erlebnis, das derjenige, der es erlebt, nicht verarbeiten konnte.

Das können gewaltige Ereignisse wie Naturkatastrophen, Gewalterfahrungen oder Unfälle sein oder aber eher unauffällige zwischenmenschliche Geschehnisse, die jemanden sehr gekränkt haben, z.B. vor anderen blamiert werden. Die Auswirkung solcher Ereignisse hängt nicht davon ab WAS passiert ist, sondern WIE der Betroffene damit umgehen konnte. Natürlich gibt es Ereignisse, die so schlimm sind, dass sie so gut wie jeden Menschen traumatisieren. Für alle anderen gilt aber, dass es davon abhängt, welche Bewältigungsmöglichkeiten eine Person in dem Moment hat. D.h. es wird unbewusst abgewogen, was stärker ist: die eigene Stärke oder die Bedrohung, die Handlungsfähigkeit oder das Ausgeliefertsein, die Möglichkeit von Kontrolle oder die Hilflosigkeit. Einen großen Unterschied macht es auch, wie stabil und gesund man gerade ist und ob man nach dem Vorfall Unterstützung erhalten hat, ob man mit jemandem sprechen konnte und verstanden wurde und ob einem geglaubt wurde.

Woran können Sie nun erkennen, ob Sie gewisse Ereignisse in Ihrem Leben gut verarbeitet haben:

  • Wenn Sie daran denken, erscheint Ihnen das Vorgefallene eindeutig in der Vergangenheit. Auch wenn Sie sich an die unangenehmen Gefühle noch gut erinnern können, fühlen sich diese abgeschlossen an. So wie andere Erlebnisse auch, werden sie mit der Zeit blasser, die Erinnerungsbilder erscheinen weiter weg. Ein unverarbeitetes Trauma hingegen ist jederzeit aktivierbar und es fühlt sich an, als ob es jetzt gerade passieren würde.
  • Es ist Ihnen möglich, darüber zu sprechen, ohne von alten Gefühlen überschwemmt zu werden. Dabei nehmen Sie negative und positive Gefühle wahr und erzählen die Geschichte nicht wie jemand, der völlig unbeteiligt ist.
  • Es passiert Ihnen nicht (mehr), dass die traumatischen Erinnerungen mitsamt den Gefühlen plötzlich hochkommen. Ein unverarbeitetes Trauma kann jederzeit leicht "getriggert" werden durch Geräusche, Bilder, Gerüche, Körperempfindungen und andere Wahrnehmungen, die irgendwie an das Geschehen erinnern. Man sieht eine bestimmte Farbe und fühlt sich plötzlich in die frühere Situation hineinversetzt und. auch der Körper reagiert wie damals mit Herzklopfen, Schwitzen etc. Manchmal bemerkt man den Auslöser gar nicht und die heftigen Gefühle sind plötzlich da, was sehr verstörend sein kann.

Normalerweise kann unser Gehirn Traumata ganz von selbst verarbeiten, dafür sorgen unsere Selbstheilungskräfte genauso wie bei körperlichen Wunden, die von selber heilen. Zu dem Prozess der Verarbeitung gehören verschiedene Mechanismen, mit denen das Gehirn das Erlebte "durchkaut" und "verdaut":

  • Die Ereignisse werden in Gedanken oder in Träumen immer wieder durchlebt. Meist ist das mit starken Gefühlen verbunden.
  • Oft gibt es deutliche Phasen des Rückzugs, man kann und will sich nicht mitteilen und fühlt sich von der Umwelt abgeschottet und nicht verstanden.
  • Ein Gefühl von Betäubung und Verwirrung ist vorhanden. Man fühlt sich fremd gegenüber anderen, aber auch gegenüber sich selbst.
  • Es kommt zu erhöhter Schreckhaftigkeit und Reizbarkeit. Man geht bei Kleinigkeiten schon hoch und kann sich das selbst nicht erklären. Oft reagieren auch Familie und Freunde mit Unverständnis, was es natürlich nicht leichter macht.

Alle diese Verhaltensweisen und Empfindungen sind ganz normale Reaktionen. Das innere System ist aus dem Gleichgewicht gekommen und braucht seine Zeit, bis es sich wieder ordnet.

Wie kommt es zu diesem Ungleichgewicht? Wenn unsere körperliche oder psychische Gesundheit gefährdet wird, schrillt unser inneres Alarmsystem und der Körper wird in Bereitschaft versetzt, um vor der realen oder vermeintlichen Gefahr fliehen oder dagegen ankämpfen zu können. Oder es kommt zu einer Erstarrungsreaktion, die dem Totstellreflex bei Tieren ähnelt. Im Körper kommt es zu vielfältigen Veränderungen, u.a. des Blutdrucks, der Atmung, der Durchblutung; Muskeln werden aktiviert, Verdauung und Denken reduziert usw. All dies geschieht natürlich ohne unser bewusstes Zutun aus einem Überlebensinstinkt heraus.

Wenn die Bedrohung vorbei ist, werden all diese Prozesse wieder umgekehrt. Je nach Schwere der Situation dauert dies Stunden oder Monate. Normalerweise werden auch sehr belastende Erlebnisse nach und nach verarbeitet und schließlich in die eigene Lebensgeschichte integriert. Bleibt jedoch die biologische Notfallreaktion bestehen und chronifiziert sich, spricht man von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). In manchen Fällen wird es dann schwierig, alleine wieder herauszufinden und es empfiehlt sich, eine Traumatherapie in Anspruch zu nehmen. Dabei wird die Verarbeitung, die zum Erliegen gekommen ist, mit speziellen psychotherapeutischen Methoden wieder angekurbelt.

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Weitere Informationen zu Trauma und Therapie gibt es auch auf www.traumaverarbeitung.at

Literaturtipp: Reddemann/Dehner-Rau: TRAUMA - Folgen erkennen, überwinden und an ihnen wachsen. Trias-Verlag 2004

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Mag. Martina Weissenböck

Psychotherapeutin, Klin. Psychologin
Supervisorin, Coach
Zertifizierte Lebensberaterin

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