Enttäuschungen gehören zum Leben dazu, genauso wie Erkältungsviren. An ihnen zeigt sich, wie stark und funktionsfähig unser (psychisches) Immunsystem ist. Jede kleine Enttäuschung trainiert unsere Abwehrkraft und macht uns stärker für die großen Brocken, die wir zu verdauen haben.

Was aber, wenn der Brocken zu groß ist und wir uns nicht beizeiten wieder erholen, sondern länger als angemessen daran leiden und das Vorgefallene gedanklich hin- und her wälzen? Folgende Überlegungen können Ihnen helfen, die Enttäuschung zu verdauen und einen Schritt weiterzugehen.

Annehmen

Wenn eine Erwartung, die wir hatten, nicht eingetroffen ist, ist es wichtig, sich einzugestehen, dass man enttäuscht ist.  Enttäuschung ist keine Schande, sondern ein berechtigtes Gefühl, eine sinnvolle Reaktion auf die Nichterfüllung eines Wunsches. Egal ob es um einen Job ging, den Sie nicht bekommen haben, oder um eine Prüfung, bei der Sie schlechter abgeschnitten haben als erwartet - es ist ok, enttäuscht zu sein.
Nehmen Sie den Schmerz bewusst wahr und akzeptieren Sie ihn, statt ihn wegzudrängen.
Tun Sie sich etwas Gutes (siehe auch Blogpost Notfallkoffer). Vielleicht möchten Sie mit jemandem reden und eine andere Meinung dazu hören.  Vielleicht hilft es Ihnen, es aufzuschreiben, zu zeichnen oder das Gefühl in Bewegung umzusetzen?

Verstehen

Oft hilft es, wenn ich mich frage, was genau mich eigentlich enttäuscht hat. War es wirklich das Fahrrad, dass ich nicht bekommen habe, oder ging es eher darum, nicht wahrgenommen worden zu sein? Habe ich das Gefühl, nicht wichtig oder wertvoll genug zu sein, um meinen Wunsch zu erfüllen? Wenn ich weiß, was dahintersteht, kann ich mich selbst besser annehmen und es auch dem anderen gegenüber leichter ansprechen.

Kommunizieren

Vielleicht möchten Sie Ihre Gefühle offen ansprechen? In vielen Fällen wird das nicht möglich sein, aber wenn es geht, dann nützen Sie die Gelegenheit. Vielleicht lässt sich ein Missverständnis aufklären. Vielleicht können Sie und der andere etwas daraus lernen.

Den eigenen Beitrag sehen

Geben Sie die Verantwortung nicht vorschnell ab. Fragen Sie sich ehrlich: was habe ich selbst zu der Situation beigetragen? Es geht nicht darum, den Fehler immer bei sich zu suchen, sondern zu prüfen, ob man einen eigenen Anteil daran hat, dass es zu der Enttäuschung gekommen ist. Wenn es so ist, gehen Sie freundlich mit sich um und überlegen Sie in Ruhe, ob Sie in Zukunft etwas anders machen könnten. Vielleicht finden Sie neue Möglichkeiten, um Ihr Ziel zu erreichen.

Nicht vermeiden

Kann ich mich vor Enttäuschungen schützen, indem ich nichts Gutes mehr vom Leben erwarte? Ja, aber dann nehme ich mir auch viel Freude weg! Auch wenn meine Erwartungen diesmal nicht eingetroffen sind, ist das noch lange kein Grund, die Hoffnungen und Wünsche zu begraben. Möglicherweise macht es Sinn, die Erwartungen an die Realität anzupassen. Denken Sie daran, dass andere nicht dazu da sind, Ihre Erwartungen zu erfüllen, genauso wenig wie Sie dazu da sind, die Erwartungen der anderen zu erfüllen.

Loslassen

Irgendwann ist es dann an der Zeit, die Situation zu akzeptieren. „Es ist, wie es ist, sagt die Liebe“ (Erich Fried). Die Sache war schmerzlich, aber sie soll nicht ewig Macht über uns haben. Um loszulassen, hilft es manchmal, den Blickwinkel zu ändern. Stellen Sie sich vor, es ist ein Jahr vergangen, oder fünf  – was werden Sie dann darüber denken? Wird es noch genauso wichtig sein? Oder Sie richten den Blick auf das, was gerade gut läuft. Wofür können Sie dankbar sein?

Wenn Sie losgelassen haben, können Sie vielleicht erkennen, dass auch in dieser Enttäuschung eine Entwicklungschance liegt. Ergreifen Sie sie!

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Mag. Martina Weissenböck

Psychotherapeutin, Klin. Psychologin
Supervisorin, Coach
Zertifizierte Lebensberaterin

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